Das Guggenheim Bilbao von Stararchitekt Frank Gehry.
Irgendwie organisch gewachsen oder eingefrorene Bewegung, großartig und stimmig. Ein Gebäude wie kein anderes. So erscheint das Guggenheim Museum in Bilbao des amerikanischen Architekturstars Frank Gehry auf Bildern.
Aber es ist etwas ganz Anderes, diesem Meisterwerk des Dekonstruktivismus in seiner städtischen Umgebung selbst gegenüberzustehen. Denn nur so entfaltet sich die Wirkung der Größe dieses Kunstbehälters, der auch im Inneren über Räume verfügt, in denen die Riesen unter den Kunstwerken präsentiert werden können.
Durch das Zentrum von Bilbao schlängelt sich der Fluss Nervión. Das Bild oben stellt die Flussseite des Museums dar. Es sieht dort aus, als habe das Gebäude eine große Öffnung mit einer nach oben geöffneten Klappe. Es könnte der Eingang zur Höhle einer riesigen Spinnenkönigin sein, die außerhalb des Gebäudes links im Bild zu sehen ist.
Eine überdimensionale Spinne vor dem Guggenheim Museum in Bilbao der Künstlerin Louise Bourgeois.
Es ist das zehn Meter hohe Werk Maman von Louise Bourgeois, die damit ihre Mutter würdigt. Wir sahen sie zuerst 2000 in einer Ausstellung des Museums für zeitgenössische Kunst in Bordeaux, wofür sie hergestellt worden war. In dem einer alten Backsteinkathedrale gleichen Innenraum des ehemaligen Hafenspeichers stand sie auf schwarzem Asphalt und war das beeindruckendste Exponat.
Das Guggenheim Museum in Bilbao zeigt, wie außergewöhnliche Größe wirkt.
Vor der anderen Seite des Museums, wo es tatsächlich einen Zugang gibt, wacht seit vielen Jahren der riesige Hund Puppy von Jeff Koons. Nicht die Jahre des Außenaufenthalts überzogen seinen Körper mit einer dichten Pflanzendecke; vielmehr sind es Gärtner, die ihn immer wieder neu mit Blühpflanzen in unterschiedlichen Farben und Anordnungen bestücken.
Puppy erscheint selbst vor der Kulisse des Museums zu groß. Man möchte dem Hund am liebsten die Hälfte der Luft ablassen. Aber das ging schon nicht bei Koons’ metallenen Luftballon-Hunden. Der Hund verstärkt so noch die Wucht der Größe des Museums. Beides ein Hammer im Stadtbild.


Doch Puppy, die Spinne Maman und das von außen und aus einiger Entfernung wie eine riesige Skulptur wirkende Museum sind nicht die einzigen Objekte, die Größenrekorde einfahren. Es ist auch die Installation „The Matter of Time“ von Richard Serra. Kaum ein Museum dürfte über Räume verfügen, in denen man solche Kunstriesen artgerecht halten kann.
Serra führt vor, wie Größe, Enge und Unübersichtlichkeit in uns große Vorsicht, Beklemmungen oder gar Ängste auslösen können. Aber andererseits auch große Aufmerksamkeit, Staunen und Bewunderung; und das macht in unserer Welt den Künstler größer. Und so stärkt Größe nicht nur das Ego von Richard Serra, sondern auch das von Louise Bourgeois und Frank Gehry. Und nicht zuletzt hat sie mit dazu beigetragen, das Guggenheim zu einer Marke zu machen.
Was macht der unbewegliche Riese Bilbaos mit uns?
Wir sind sehr, sehr klein neben dem Guggenheim-Monster und neben der Spinne von Bourgeois, dem Hund von Koons und den Stahlwänden von Serra. Deren Größe erhöht sich selbst und macht uns umso kleiner.
Wir kommen uns fremd vor, in eine fremde Welt geraten. Aber wir können darin neue Erfahrungen machen und viele Anknüpfungspunkte für interessante Gespräche und Diskussionen finden — ein Reichtum, den man nicht in vielen Museen in dieser Fülle und Eindringlichkeit findet.
Puppy ist über zwölf Meter hoch und das Museum über 57 Meter. Die Pyramide des Mykerinos in Gizeh ist nicht einmal acht Meter höher. Beide sind Giganten der Bau- und Architekturgeschichte und wurden zu Pilgerstätten wegen ihrer meisterlichen Form und überwältigenden Größe. Beide haben überragende wirtschaftliche Bedeutung für ihre jeweilige Region.
Wir fanden bereits vor etwa zwanzig Jahren an außen sichtbaren Stahlkonstruktionen erstaunlich viel Rost und im Inneren eine Vielzahl von Beschädigungen der aus Gipskarton bestehenden Wandbeplankungen. Naja, die Pyramiden sind auch nicht mehr das, was sie vor 4500 Jahren einmal waren.
Das Guggenheim und der Bilbao-Effekt.
Die Fachzeitschrift Bauwelt schrieb einmal über die Zeit vor dem Bau des Guggenheim Museums in Bilbao, die Stadt sei durch „Smog, Gewalt und Tristesse“ gezeichnet gewesen. Der Fluss Nervión führte stinkendes Schmutzwasser und die regionale Wirtschaft steckte in einer Abwärtsspirale.
Mit dem Guggenheim Museum wurde Bilbao zu einer attraktiven Destination für Touristen und es kam zu einer dynamischen wirtschaftlichen Wiederbelebung Bilbaos und des Baskenlandes. Das nennt man seither den Bilbao-Effekt.
Und so besuchten wir auch Bilbao wegen des Museumsgebäudes und nicht wegen der Exponate. Die Erinnerung an die oben beschriebenen Riesen blieb, die an die kleineren Exponate verblasste. Auch wir trugen so zum Bilbao-Effekt bei und förderten als Teil eines sehr lebendigen Stadtlebens die lokale Wirtschaft in Hotels, Restaurants und Tapas-Bars.
Hier und da ergaben sich dabei spektakuläre Perspektiven auf das Museumsgebäude. Seine Größe und die zum Stadtbild kontrastierenden Formen wirken weit in die Stadt hinein — waren auch Grund so mancher Kritik.
Wir haben das Spektakel dieser großen, beeindruckenden Skulptur eines Gebäudes und das in seiner Folge wiederbelebte Stadtleben in jeder Minute genossen und halten die Museumsansiedlung für eine der erfolgreichsten städtebaulichen Maßnahmen, die man sich vorstellen kann. Es gibt ihn wirklich, den Bilbao-Effekt.
Ein paar Zahlen zum Guggenheim Museum in Bilbao.
Die Guggenheim-Stiftung beteiligte sich nicht an den Baukosten des Museums. Die rund hundert Millionen Dollar wurden vom spanischen Staat und größtenteils von der EU getragen. Zusätzlich erhielt die Stiftung laut Vertrag mehrere finanzielle Zuwendungen.
- 50 Mio. Dollar einmalig für den Kauf von Kunstobjekten
- 20 Mio Dollar für Lizenzen
- 12 Mio. Dollar jährlich für den Betrieb
- 25 Jahre lang verpflichtete sich die Stiftung zum Betrieb
Mit derzeit etwa 1,3 Millionen Besuchern pro Jahr übertrifft das Museum in Bilbao das Stammhaus in New York deutlich. Ursprünglich kalkulierte man lediglich mit 500.000 Besuchern jährlich.
Unser Tipp.
Fliege, fahre oder wandere da hin! Es lohnt sich. Das Museum als Gesamtkunstwerk, die anderen Highlights der Architektur, die schöne, lebendige Stadt, die tollen Kneipen, Bars und Restaurants und die netten Basken: Es lohnt sich, alles das zu erleben, zu genießen und Gesprächsstoff mit zurück in die Heimat zu nehmen. Ein verlängertes Wochenende reicht völlig aus.
Über die Spitzen von Kunst und Architektur lässt sich trefflich streiten. Da ist dies und das als ein Auswuchs oder auch als kommerzielle Vereinnahmung zu bewerten. Diskutiere darüber und du wirst merken, wie wohltuend es ist, weder langweilige Gespräche zu führen noch belanglose Kunst oder Architektur ansehen zu müssen.
Sei ein bisschen dekonstruktivistisch, reiße die Scheuklappen zur Seite und spüre, was Freiheit ist. Mache Dinge anders. Einmal nicht an den Strand, sondern nach Bilbao.
Gut zu wissen.
Wo liegt das Guggenheim Museum Bilbao und wie kommt man hin?
Das Guggenheim Museum Bilbao befindet sich in der Altstadt von Bilbao. Die Adresse lautet Abandoibarra Etorbidea 2, 48009 Bilbao. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist es gut erreichbar.
Wie sind die regulären Öffnungszeiten des Guggenheim Museums?
Das Museum ist typischerweise geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 19:00 Uhr. In der Sommer- bzw. Hochsaison (und teils zu Feiertagen) kann das Museum auch montags geöffnet sein und längere Öffnungszeiten haben (z. B. bis 20:00 Uhr). Am 24. und 31. Dezember öffnet es eingeschränkt (meist bis 17:00), am 25. Dezember und 1. Januar bleibt das Museum geschlossen.
Welche Art von Kunst und Ausstellungen kann man erwarten?
Das Guggenheim Bilbao zeigt permanente Sammlungen sowie wechselnde Sonderausstellungen – moderne und zeitgenössische Kunst, oft mit spannender Architektur und innovativen Präsentationsformen. Die Verbindung zwischen dem spektakulären von Frank Gehry entworfenem Gebäude und den Exponaten erzeugt ein besonderes Kunsterlebnis.
Ist Fotografieren oder Filmen im Guggenheim Museum Bilbao erlaubt?
Für normales Fotografieren (ohne Stativ und Blitz) ist es meist erlaubt – außerhalb von Sonderausstellungen und gemäß Hausregeln. Für Videoaufnahmen oder Mediennutzung sollte man vorab eine Genehmigung beim Museum anfragen.
Braucht man Tickets im Voraus oder kann man spontan hingehen?
Es wird empfohlen, Tickets im Voraus zu kaufen — besonders in Stoßzeiten, um Warteschlangen und Einlassprobleme zu vermeiden.
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